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Bandscheibenvorfall: meine Erfahrungen

Hi. Ich bin Freddy. Im Alter von 36 Jahren erlitt ich auf dem Höhepunkt meines damaligen Fitnesslevels einen schweren Bandscheibenvorfall L5/S1, der mich seither begleitet und wahrscheinlich immer ein Thema in meinem Leben bleiben wird. Von meinen Erfahrungen mit diesem Bandscheibenvorfall und wie ich bisher ohne OP klarkomme, möchte ich hier berichten.

Ich arbeite als Lehrer an einer Berufsbildenden Schule, bin verheiratet und habe zwei Kinder. Ich liebe Sport und  jede Art von körperlicher Betätigung. Ich startete gerne bei Mountainbike-Marathons, lief die 10 Kilometer unter 45 Minuten und versuchte mich am Halbmarathon. Zur Arbeit fuhr ich gerne auch mal 100 Kilometer mit dem Rennrad. Ich ernährte mich gesund, überwiegend sogar vegetarisch und hatte Idealgewicht.

Ich verschwendete keinen Gedanken daran, dass mein Rücken ein Problem haben könnte. Ich hatte immer wieder mal mit Blockaden in Brust- oder Lendenwirbelsäule zu tun, diese verschwanden aber meist von selbst wieder.

Bandscheibenvorfälle waren in meiner damaligen und arroganten Sichtweise den Alten, den Dicken und den Faulen vorbehalten. Das dachte ich bis zu dem Abend, an dem ich im Kraftraum bei einer Übung zur Kräftigung der Rückenmuskulatur scheinbar unachtsam war und ich nach dem Training einen kleinen Schmerz im unteren Rücken spürte. Von da an sollte sich alles ändern. Welche Auswirkungen dieser Fehler haben sollte, konnte ich zu der Zeit noch nicht wissen und das war auch besser so, denn was dann folgte, war das bisher Herausforderndste in meinem Leben.

Der Schmerz wurde von Tag zu Tag stärker , begann schon bald zunächst in das Gesäß, später ins linke Bein und schließlich bis zu den Zehen auszustrahlen. Er wurde schließlich so stark und so umfassend, dass ich schließlich zum Arzt und von dort alsbald in die Radiologie ins MRT ging, wo der Radiologe einen sequestierten Bandscheibenvorfall zwischen dem 5. Lendenwirbel und dem Sakralwirbel diagnostizierte. Meine Erfahrungen, wie es mir seit meiner Diagnose Bandscheibenvorfall ergangen ist, beschreibe ich in diesem Erfahrungsbericht. Aber nun der Reihe nach:

Erste Schmerzen und Unwissenheit

Nachdem ich nach dem oben bereits erwähnten Training mit Schmerzen im unteren Rücken zu kämpfen hatte, tat ich das, was vermutlich die meisten tun. Ich dachte mir nicht viel dabei im Glauben, das werde schon von selbst wieder verschwinden und googelte meine Symptome.

Wer das tut, landet zwangsläufig auf dem Youtube-Kanal von Liebscher & Bracht. Hauptbetreiber dieses Kanals ist ein autodidaktischer Schmerztherapeut, der mit seinen Büchern, Videos und einem breiten Angebot von dazu passenden Produkten Deutschland von Rückenleiden befreien möchte. Da ich bislang noch keine großen Erfahrungen mit Rückenschmerzen hatte und sich der Kanal einer großen Anhängerschaft erfreut, versuchte ich mein Glück damit. Ein großer Fehler, wie sich später herausstellen sollte. Die Empfehlungen, die hier gegeben werden sind aus meiner heutigen Sicht unseriös und unter Umständen sogar gefährlich, wenn man es mit wirklichen Rückenbeschwerden wie einem schweren Bandscheibenvorfall zu tun hat.

Nach meinen Recherchen war ich also alsbald davon überzeugt, ich müsse wohl am Piriformis-Syndrom leiden. Die Symptome passten: Schmerz, der vom unteren Rücken ausgehend ins Gesäß ausstrahlt. Das klang für mich schlüssig. Dass das Piriformis-Syndrom eigentlich recht selten ist und leider häufig mit Bandscheibenvorfällen verwechselt wird, lernte ich erst später.

Meine eigens in Internetrecherche ausgetüftelte Therapie bestand in erster Linie aus Dehnen. Ich dehnte und dehnte und dehnte. Ich dehnte vor allem die hintere Beinmuskulatur und verbrachte viel Zeit in der Taube, einer Yogaübung, die die Gesäßmuskulatur dehnt. Engpassdehnung nennt der besagte Youtube-Kanal das. Damit konnte ich tatsächlich auch kurzfristige Erfolge erzielen. Der Schmerz kam aber immer wieder und er war jedes Mal war er etwas stärker und strahlte immer weiter in mein linkes Bein aus.

Immer noch im Glauben, ich leide unter einer hartnäckigen Muskelverspannung, machte ich weiter wie bisher. Ich dehnte, konnte damit kurzfristige Erfolge erzielen und bestritt sogar mein Sportprogramm weiter. Schließlich stand die neue Mountainbike-Saison bevor. Ich wollte einige Mountainbike-Marathons auf der Kurz-und Mittelinstanz bestreiten und mit meinem Lieblingsmarathon in meiner Heimat hatte ich aus dem Vorjahr noch eine Rechnung offen. Das wollte ich mir nicht nehmen lassen.

So mogelte ich mich also durch und konnte mit Dehnen und meinem Sportprogramm zwischenzeitlich überraschenderweise sogar relative Schmerzfreiheit erreichen.  Mittlerweile hatte sich das Corona-Virus ausgebreitet und die meisten Sportveranstaltungen wurden ohnehin abgesagt. So auch alle Mountainbike-Marathons. Beim Training ließ ich es also etwas lockerer angehen. Die Saison hatte ich ohnehin schon abgeschrieben.

Der Schmerz kam nach einiger Zeit jedoch wieder. Zunächst nur diffus und ich dachte mir mal wieder nicht viel dabei. Nach einigen Tagen war er aber wieder so stark wie vorher. Inzwischen war es Sommer geworden und bei mir und meiner Familie stand Urlaub auf dem Programm. Zusammen mit meiner Frau und meinen beiden Kindern ging es in unserem Bulli nach Frankreich. Mit dabei natürlich mein Rennrad. Trotz meiner Schmerzen fuhr ich einige Touren in den Cévennen und der Camargue. Rückblickend war das eine der dümmsten Entscheidungen, die ich hätte treffen können, damals schien es mir aber eine gute Idee zu sein. Schließlich hilft Sport bei Rückenschmerzen. Das sagen auch die meisten Ärzte.

Während des Urlaubs verbrachte ich nach dem Radfahren viel Zeit mit Dehnen, was kurzfristig half, der Schmerz danach aber immer umso stärker wiederkam. Verfluchter Teufelskreis. Meine Kinder wunderten sich schon darüber, dass ich so viel Zeit auf dem Boden vor unserem Campingbus verbrachte.

Auf unserem Rückweg aus dem Urlaub waren die Schmerzen dann schon so stark, dass ich Probleme mit dem Sitzen hatte und Schmerzmittel nehmen musste. Die Ibu 400 aus unserer Reiseapotheke konnten aber nicht viel ausrichten.  Ich schluckte so viele davon, dass mein Magen schon bald Probleme machte.

Zuhause angekommen machte ich so schnell wie möglich einen Termin bei meiner Hausärztin aus. Sie hatte mir schon einmal bei einer Blockade in der Lendenwirbelsäule geholfen. Ich beschrieb ihr meine Symptome und ehe ich mich versah, lag ich auf der Massageliege und mit ein paar gezielten Griffen löste sie einige Blockaden. Nach der Behandlung fühlte sich alles super an. Ich konnte mich wieder normal bewegen und der Schmerz war fast verschwunden.  Ich rief meine Frau an, erzählte ihr, dass alles wieder im Lot sei, machte noch ein paar Erledigungen und fuhr nach Hause.

Dort angekommen machte sich schon bald Ernüchterung breit. Der Schmerz meldete sich ziemlich schnell wieder zurück und die Bewegungseinschränkungen wurden noch schlimmer. Sie überstiegen das Schmerzlevel vom Vortag sogar um Längen. Ein brennender, unerträglicher Schmerz breitete sich über mein Gesäß, die linke Beinrück- und Außenseite bis in meinen Fuß aus. Solche  Schmerzen habe ich in meinem ganzen Leben noch nie gespürt. Die einzige Position, in der ich es einigermaßen ertragen konnte, war auf dem Rücken liegend, die Beine in der Stufenlagerung hochgelagert. Und selbst in dieser Lage waren die Schmerzen so stark, dass ich weinen musste.

Ich machte sofort einen neuen Termin bei der Ärztin aus und saß am nächsten Tag wieder in ihrem Behandlungszimmer. Eigentlich saß ich gar nicht, denn das konnte ich gar nicht mehr. Das Sitzen bereitete mir solch unerträgliche Schmerzen, dass ich es fortan konsequent meiden musste. Für mich gab es nur noch Stehen, Gehen oder Liegen. Diesmal war die Ärztin merklich zurückhaltender und distanzierter. Kein Lösen von Blockaden, keine Behandlung, nur eine Überweisung zum Radiologen zur weiteren Abklärung mittels MRT und ein Rezept für 800er Ibuprofen. Das war’s. Keine weitere Erklärung. Ich glaube, sie wusste zu diesem Zeitpunkt schon, was los war. Ich schleppte mich in die Apotheke, holte die Schmerztabletten ab, war enttäuscht über eine solche Abfertigung und machte mir einen Termin beim Radiologen für ein MRT. Dass ich einen Bandscheibenvorfall haben könnte, erwog ich gar nicht erst, wollte die Untersuchung aber dennoch nicht auslassen. Ich bekam zügig einen Termin. Drei Tage hatte ich aber dennoch zu überbrücken.

Um nicht untätig zu sein, klemmte ich mich ans Telefon und versuchte einen Termin beim Orthopäden auszumachen. Ich wollte dann so langsam doch einmal mit einem Facharzt sprechen. Ich hatte von einem guten Orthopäden gehört, der einigen meiner Bekannten auch schon weiterhelfen konnte. Wie zu erwarten war, hatte dieser aber erst vierzehn Tage später einen Termin frei. Meine Frage, ob man in Akutfällen nicht einen Termin dazwischenschieben könne, verneinte die Sprechstundenhilfe. Ich fühlte mich hilflos. Die Hausärztin wollte oder konnte mir scheinbar nicht mehr helfen und einen schnellen Termin beim Orthopäden gab es nicht. Ich telefonierte noch einige Physiotherapeuten ab und machte mir schließlich einen Termin bei einem Osteopathen und Physiotherapeuten ganz bei mir in der Nähe, der einen guten Ruf hat. Aber auch dort musste ich noch einige Tage bis zu einem Termin warten.

Zur Untätigkeit gezwungen verbrachte ich die nächsten Tage unter Schmerzen mit einigen kläglichen Versuchen, mir selbst zu helfen. Diese schlugen aber alle fehl und alles schien immer nur schlimmer zu werden. So langsam machten sich Gedanken breit, etwas Grundlegendes könne da nicht stimmen. Ich schluckte mehr Schmerztabletten und verbrachte den größten Teil der Zeit bis zu meinem MRT-Termin in Stufenlagerung auf der Couch. Vor meinen Kindern versuchte ich meine Schmerzen so gut es ging zu verstecken.

Die Diagnose: sequestierter Bandscheibenvorfall L5/S1

Als der Termin für das MRT endlich gekommen war, konnte ich nicht mehr richtig Auto fahren. Das Sitzen bereitete mir Höllenqualen. Da mich allerdings niemand in die Radiologie fahren konnte, bereitete ich mich mit noch mehr Schmerztabletten auf die Fahrt vor. Inzwischen war ich auf  Voltaren Dispers umgestiegen. Die Wirkung hielt länger an als bei Ibuprofen. Außerdem setzte Diclofenac meinem Magen nicht so zu wie Ibuprofen. Ich fühlte mich mittlerweile wie ein Drogenabhängiger. Ich lernte, wie lange eine Tablette wirkte und schluckte prophylaktisch ein bis zwei Stunden vor Ende der Wirkung die nächste. Wirklich verkehrstauglich war ich nicht, schaffte es aber dennoch irgendwie, die 25 Kilometer lange Strecke bis in die Radiologie des nächsten Krankenhauses zu fahren.

Dort angekommen musste ich geschlagene zwei Stunden warten, bis ich endlich in der Röhre lag. Ich war so naiv zu glauben, dass man mir gleich nach der Untersuchung mitteilen würde, was los ist. Als ich an der Anmeldung nachfragte, sagte man mir, der Befund gehe per Post an mich und an den überweisenden Arzt. Dieser würde sich dann bei mir melden. Also wieder warten. Ich hatte keine Schmerztabletten in die Radiologie mitgenommen. Wie ich den Weg mit dem Auto wieder nach Hause geschafft habe, weiß ich nicht mehr so wirklich.

Zwei Tage später bekam ich einen Brief mit dem Befund des Radiologen. Ich verstand nichts. Was ich las, klang aber nicht gut. Ich googelte die Begriffe, die ich nicht verstand und kam zu dem Schluss, dass ich einen Bandscheibenvorfall zwischen dem fünften Lendenwirbel und dem Sakralwirbel auf der rechten Seite habe. Ich verstand die Welt nicht mehr.  Meine Ärztin meldete sich nicht bei mir. Erst als ich in der Praxis anrief und auf einen Termin drängte, rief sie schließlich zurück und erklärte mir, dass ich tatsächlich einen Bandscheibenvorfall habe. Auf meine Frage, wie es jetzt weitergehen soll, antwortete sie mir mit einer knappen Erklärung: Ich solle zur Physiotherapie gehen und Muskeln aufbauen. Ich könne mir außerdem ein Rezept für EAP (Erweiterte ambulante Physiotherapie) und eine Krankmeldung für zwei Wochen abholen und ich solle zur Akupunktur kommen. Fertig. Keine weiteren Empfehlungen. Ohne zu wissen, was EAP ist, holte ich das Rezept und die Krankmeldung ab und ließ mir in einer Sitzung Akupunktur einige Nadeln setzen, was keinerlei Wirkung hatte. Wieder zuhause googelte ich EAP und fand heraus, dass es sich dabei um eine sogenannte kleine Reha handelte. Maßlos enttäuscht beschloss ich nie mehr einen Fuß in diese Arztpraxis zu setzen und rief nochmal bei dem Orthopäden an. Als ich erklärte, dass man bei mir einen Bandscheibenvorfall diagnostiziert hatte,  bekam ich einen früheren Termin.

Bis zu dem Termin beim Orthopäden waren es allerdings noch einige Tage. Wenigstens hatte ich ja noch den Termin beim Physiotherapeuten/Osteopathen. Ich versprach mir nicht allzu viel davon, ging aber dennoch hin. Das stellte sich rückblickend als die beste Entscheidung während der ganzen Odyssee rund um meinen Bandscheibenvorfall heraus. Was dieser Therapeut diagnostisch und therapeutisch leistete und auch heute immernoch noch leistet, vermochte kein Arzt, den ich seit meiner Diagnose aufgesucht hatte, auch nur ansatzweise zu wiederholen. Ich halte, seit ich zu diesem Therapeuten gehe, große Stücke auf die Osteopathie. Als erstes korrigierte er den Befund des Radiologen, der meinen Bandscheibenvorfall auf der rechten Seite diagnostiziert hatte. Tatsächlich befindet er sich natürlich links, was auch logisch ist, denn der Schmerz strahlte ja ins linke Bein aus. Er erklärte mir meine Diagnose ganz genau und beantwortete meine Fragen. Er wies mich auch darauf hin, dass es sich bei meinem Vorfall um einen sogenannten Sequester handelt. Das heißt, der Gallertkern der Bandscheibe war durch den geschädigten Faserring ausgetreten und hatte keine feste Verbindung mehr zum Rest des Kerns. Das hatte mir bis dahin auch niemand verraten.

bandscheibenvorfall
MRT-Bild meines Bandscheibenvorfalls

Die wichtigste Erkenntnis für mich aber war zunächst die, dass nicht meine Muskeln, sondern die Nerven schmerzten, die durch den Bandscheibenvorfall an der Nervenwurzel gereizt wurden und dass Dehnen in diesem Stadium absolut kontraproduktiv ist. Rückblickend scheint mir das trivial, zu dieser Zeit wusste ich es aber nicht besser. Die Behandlung beschränkte sich bei meinem ersten Termin auf Nervenmobilisation und -beruhigung.

Vom Hausarzt zum Orthopäden

Im der darauffolgenden Woche stand dann der Termin beim Orthopäden auf dem Programm. Dieser praktiziert in einer Klinik, die auf konservative Schmerztherapie spezialisiert ist. Im Vorfeld hatte ich meinen Befund des Radiologen dorthin geschickt. Die Tage, die bis dahin verstrichen, verbrachte ich wieder auf der Couch, meist in Stufenlagerung und bis zum Rand voll mit Schmerztabletten. Ich las im Internet zum Thema “sequestierter Bandscheibenvorfall“. Panik machte sich breit. Ich würde wohl oder übel mit der Problematik Operation konfrontiert werden.

Im Netz wurde dazu geraten, trotz Bandscheibenvorfall in Bewegung zu bleiben und nicht nur zu liegen. Ich ging also spazieren. Danach lag ich vor Schmerzen zusammengekauert auf der Couch und weinte. Ich bin nicht nah am Wasser gebaut, aber ich weinte in dieser Zeit jeden Tag mehrmals. Teils wegen der Schmerzen, teils wegen der Angst. Mittlerweile konnte ich meinen linken Fuß nicht mehr richtig heben. Fußheberschwäche nennt man das. Mein Fuß kribbelte und war zeitweise ganz taub. Ich wartete eigentlich nur noch auf die einsetzende Inkontinenz, die nach meinen Internetrecherchen wohl auch auftreten kann. Ich spielte mit dem Gedanken, als Notfall in ein Krankenhaus mit Neurochirurgie zu fahren und mich operieren zu lassen, verwarf diesen Gedanken jedoch wieder. Woher ich diese Entschlusskraft nahm, weiß ich nicht mehr. Ich wollte keine Operation. Meine Frau fragte öfter nach, ob wir nicht doch ins Krankenhaus fahren sollen. Ich verneinte.

Konservative Behandlung oder Operation des Bandscheibenvorfall?

Irgendwie hielt ich bis zu meinem Termin in der Klinik durch. Diesmal fuhr meine Frau mich dorthin. An Autofahren war nicht mehr zu denken. Ich meldete mich in der Klinik an und nahm im Wertebereich Platz. Besser gesagt: Ich legte mich auf die dortige Sitzgruppe.  Irgendwann nach einer gefühlten Ewigkeit kam ein Mann zu mir. Ich hielt ihn zunächst für den Hausmeister, er stellte sich mir jedoch als Chefarzt der Orthopädie vor und erkundigte sich nach meinem Namen und meinem Befinden. Er hätte zufällig meine MRT-Bilder gesehen, die am Rechner geöffnet waren und konnte nicht glauben, dass ich aufrechten Ganges in die Klinik gekommen sei. Bei diesem Befund hätte er sich nicht vorstellen können, dass ich noch laufen könne. Ich war ehrlich gesagt etwas irritiert. Dass ich übel dran war, das merkte ich, aber das es so arg war, davon hatte ich keine Vorstellung. Kurz darauf wurde ich zum Termin bei meinem Orthopäden hereingebeten. Dieser untersuchte mich gründlich und bat mich dann an besagten Computer, um meine Bilder zu besprechen. Dort wartete bereits der Chefarzt. Er wollte wohl an der Besprechung teilnehmen. Die beiden erklärten mir nochmals meinen Befund: Sequester L5/S1 mit akuter linksseitiger Ischialgie.

Danach entbrannte eine rege Diskussion zwischen meinem Orthopäden und dem Chefarzt. Letzterer war der Meinung, ich müsse umgehend operiert werden. Es bestünde akute Operations-Indikation. Ich war absolut baff. Meine Hausärztin wollte mich ohne weiteren Rat zur Physiotherapie und in die Muckibude schicken und hier war nun der Chefarzt einer renommierten Klinik für konservative Schmerztherapie der Meinung, ich müsse sofort unter das Messer. Das beunruhigte mich umso mehr, als in besagter Klinik Operationen so lange wie möglich vermieden werden.

Ich hatte mich, soweit es in der kurzen Zeit ging, etwas in die Thematik eingelesen und wusste, dass viele Bandscheiben-Operationen unnötig sind. Es werden Zahlen von um die 95 Prozent genannt. Gleichzeitig sind die, die nötig sind, aber auch wirklich nötig. Wo mein Fall einzuordnen war, wusste ich natürlich nicht. Dass es so übel aussieht, das hatte ich ja eben erst erfahren. Ich musste mich also auf einen der Ärzte verlassen. Mein behandelnder Orthopäde schlug mir, nachdem der Chefarzt gegangen war, vor, es mit einer konservativen Therapie zu versuchen. Oft würden radiologischer Befund und Symptome nicht so recht zusammenpassen. Man könne mich am Montag der darauffolgenden Woche direkt in die Klinik aufnehmen. Die Therapie sähe CT-gesteuerte Spritzen (sogenannte CT-PRT), Physio– und Elektrotherapie, Wärmebehandlungen, mechanische Traktion, medizinische Trainingstherapie (MTT), Entspannungstechniken (PMR) und Akupunktur vor. Bis zu meiner Aufnahme solle ich unbedingt auf OP-Indikatoren achten: Inkontinenz, weiter fortschreitende Taubheit im Fuß, Lähmungserscheinungen. Wenn diese Symptome sich verschlimmern, sollte ich mich sofort melden und ggf. dann direkt zu einer Notfall-Operation in die Neurochirurgie. Ich erbat mir ein wenig Bedenkzeit, besprach das Vorgehen am Telefon mit meiner Frau und willigte ein. Ich wollte die OP nach Möglichkeit umgehen. Das Problem war: Es war erst Donnerstag. Bis zu meiner Aufnahme im Krankenhaus am Montag hatte ich vier quälende Nächte vor mir.

Diese vier Nächte zählen zu den schlimmsten Erlebnissen, die ich je in meinem Leben hatte. Es gab keine Position, in der ich keine Schmerzen hatte. Die vielen Schmerzmittel, die ich nahm, konnten nicht viel ausrichten. Sie waren einfach nicht stark genug. Vier Tage und Nächte verbrachte ich zwischen Schmerzattacken und Weinkrämpfen auf der Couch liegend, in Gedanken immer bei einer drohenden Operation, die, wenn der Fall eintreten sollte, ungeplant verlaufen würde. Dann würde mich irgendein Arzt, der gerade Dienst hatte, operieren. Kein schöner Gedanke. Ich ging das Risiko dennoch ein. Zu allem Überfluss wollte die Klinik noch eine Kostenübernahmebescheinigung meiner privaten Krankenversicherung sehen, die ich über das Wochenende nicht mehr besorgen konnte. Es scheiterte an einem fehlenden Faxgerät. Wer faxt heutzutage noch? In diesem Falle müsse ich bei Aufnahme bezahlen, sagte man mir. Für’s Erste 2500 Euro. Es war mir egal. Ich willigte ein. Ich hätte jeden Preis bezahlt.

Krankenhaus: konservative Behandlung meines Bandscheibenvorfalls

Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich jemals so freuen würde, in ein Krankenhaus gehen zu dürfen. Als es endlich Montag war, ließ ich mich so früh wie möglich in die Klinik fahren.

Nach dem quälend langen Aufnahmeverfahren musste ich noch einen Corona-Test machen und einen Tag in Quarantäne auf meinem Zimmer verbringen, bevor dann am Dienstag endlich die Behandlung startete. Von da an sah mein Ablauf immer gleich bis ähnlich aus. Die Tage starteten früh. Teilweise hatte ich morgens vor sieben Uhr schon Termine zur Physiotherapie, danach Visite, weitere Anwendungen wie Wärmebehandlung, mechanische Traktion oder Elektrotherapie. Zwischendurch musste ich immer wieder Pausen auf dem Zimmer einlegen. Die Therapieangebote waren allesamt gut und die Therapeuten top, jedoch stellte sich so schnell keine Besserung ein.

Die meisten Übungen in der medizinischen Trainingstherapie (MTT) konnte ich nicht ausführen. Sofort wurde mein Fuß komplett taub, sodass ich nicht mehr stehen konnte. In der Physiotherapie vertrug ich nur die “Heiße Rolle” und sanfte Nervenmobilisation. Alles andere sorgte für noch mehr Schmerzen. Eine Übung zum sog. Nervengleiten, bei der der gereizte Nerv durch gezielte Bewegung quasi in seiner Hülle hin und her geschoben wird, schaltete mich einen ganzen Nachmittag komplett aus.

Die erste Besserung stellte sich mit der ersten Spritze ein. Meine Behandlung sah CT-PRT-Spritzen vor. Bei diesem Verfahren werden unter Zuhilfenahme des Computertomographen (CT) Wirkstoffe über eine sehr kleine Kanüle direkt in schmerzende Bereiche wie z.B. gereizte Nervenwurzeln bei Bandscheibenvorfällen gespritzt. Bei mir wurde ein Lokalanästhetikum und niedrig dosiertes Cortison an die Wurzeln der Nerven, die am 5. Lendenwirbel und dem Sakralwirbel austreten, gespritzt. Ich muss gestehen, nach der Aufklärung im Vorfeld dieses Eingriffs war ich schon etwas nervös, die Behandlung war für mich allerdings alternativlos.

Und so fand ich mich eines morgens im Wartebereich vor dem CT-Raum wieder. Ich merkte schnell, dass das Verfahren in der Klinik Routine ist. Eine gut gelaunte Schwester holte mich schließlich ab und stellte mich einer noch besser gelaunten Ärztin vor, die mir das Verfahren nochmal erklärte. Ich wurde ins CT gefahren und die Stelle an der entsprechenden Nervenwurzel wurde markiert und angezeichnet. Die Ärztin setzte die Kanüle und kontrollierte die Lage dann nochmals im CT. Die eigentliche Spritze ist unangenehm. Man verspürt einen starken Druck, wenn das Medikament gespritzt wird. Nach der Behandlung sollte ich sofort ins Zimmer. Die Spritze führt nämlich zu Taubheit im Bein, die je nachdem für einige Stunden anhalten kann. Ich legte mich also hin und wartete auf die Wirkung. Diese setzte zügig ein. Mein gesamtes linkes Bein und das Gesäß wurden taub. Für 6 Stunden konnte ich mein Bein nicht mehr spüren. Das waren die schönsten Stunden, die ich seit Langem erlebt hatte. Endlich keine Schmerzen mehr. Dass ich mein Bein gar nicht mehr spüren und auch nicht mehr aufstehen konnte, war mir in diesem Moment völlig egal. Ich aß entspannt zu Mittag und guckte danach genüsslich eine Etappe der Tour de France.

Insgesamt wurde dieses Prozedere vier Mal wiederholt. Zweimal L5 und zweimal S1. Die Übertragung der Tour de France wurde ein treuer Begleiter, wenn ich mit gelähmtem Bein im Bett lag. Die Nervenwurzel am Wirbel S1 reagierte sehr gut auf die Behandlung. Der Schmerz in dem Nerv, der durch diese Nervenwurzel versorgt wird, verschwand fast vollständig. Der Schmerz im Gesäß und an der Beinaußenseite aber blieb. Zur Erklärung: Man kann die Schmerzbereiche, die durch die jeweiligen Nervenwurzeln ausgelöst werden, bis zu den Austrittsöffnungen an den jeweiligen Wirbeln zurückverfolgen. Dermatom heißt das. Die Nervenwurzel am Wirbel L5 weigerte sich hartnäckig Ruhe zu geben. Der Schmerz wurde zwar weniger, er verschwand aber leider nicht. Wer mehr zu den CT-PRT erfahren möchte, der findet Informationen im Bereich “Was mir geholfen hat“.

Von nun an war Geduld und Ausdauer gefragt. Die CT-PRT hatten mich einen großen Schritt voran gebracht. Weitere CT-PRT waren zunächst nicht vorgesehen. Also konzentrierte ich mich auf die anderen Therapien, allen voran die Physiotherapie. Ich machte fleißig die Übungen, die ich mit meinen Physiotherapeuten einübte und nutzte jede freie Minute, um im Trainingsraum neue Dinge auszuprobieren. Gemeinsam mit meinen Therapeuten erarbeitete ich mir während meines Aufenthalts einen detaillierten Trainingsplan, den ich minutiös einhielt. Insbesondere trainierte ich die tiefliegende Rückenmuskulatur mithilfe des Seilzugs und arbeitete mit Nervengleitübungen am weiterhin schmerzenden Nerv.  Mit dem sinkenden Schmerzlevel hatte ich außerdem den Kopf frei bekommen, um mich konstruktiv mit meiner Situation auseinanderzusetzen. Also begann ich zu lesen. Ich lese eigentlich immer und viel zu allen möglichen Themen. Von nun an las ich viel zum Thema Rücken und Rückenschmerzen.

Das erste Buch, das ich zum Thema las, trug den Titel “Deutschland hat Rücken” und ist in meinen Augen mit allergrößter Vorsicht zu genießen, wenn man mit ernsthaften Rückenbeschwerden zu tun hat. Das Buch ist aus der Feder des Betreibers des weiter oben bereits angesprochenen Youtube-Kanals. Völlig unvoreingenommen las ich mir das Buch durch und war zunächst recht angetan von dem Ansatz. Der Autor geht davon aus, dass viele Rückenschmerzen durch Bewegungsmangel im Alltag und langes Sitzen verursacht werden. Auch die Therapieansätze lesen sich zunächst schlüssig. Liest man aber weiter, soll man grob zusammengefasst ungefähr die folgende Dinge tun: Engpässe dehnen, die Faszien rollen, Akupressur, nur noch auf dem Rücken auf einer harten Matratze schlafen, sich vegetarisch, besser noch vegan ernähren, jeglichen Stress vermeiden, Speisen mittels Pulskontrolle auf Unverträglichkeiten testen, Elektrogeräte und Strahlung verbannen, alle Umweltgifte meiden,… Das alles wird mit fadenscheinigen Ausreden untermauert, man brauche für all diese steilen Thesen keine wissenschaftliche Evidenzen. Man habe genug Erfahrungen gesammelt. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich warf das Buch kurzerhand in den Müll! Und ich empfehle jedem, es mir gleichzutun oder besser noch, sich das Buch erst gar nicht zu kaufen.

Ich versuchte es noch einmal und landete diesmal bei dem Buch “Rücken-Reparatur”* von Professor Stuart McGill. Dieses Buch haute mich vom Hocker. Den Inhalt hier ganz wiederzugeben, würde den Rahmen sprengen. Ich stelle das Buch in einem eigenen Beitrag detailliert vor, denn Ich halte es für das beste Rückenbuch, das ich bisher gelesen habe. Und ich kenne mittlerweile einige.

Der McGill-Ansatz geht in etwa so: Man muss zunächst Bewegungen identifizieren, die Schmerzen verursachen und diese konsequent meiden bzw. durch rückenschonende Bewegungen ersetzen. Danach muss der Rücken durch gezielte Übungen für die Core-Muskulatur “versteift” werden. Dazu empfiehlt McGill die “Goldenen Drei“: Seitstütz, modifizierter Curl-Up und und der Zweifüßlerstand (Bird-Dog). Diese Übungen werden durch zügiges Gehen und je nach Fitnesszustand durch Übungen aus den Bereichen Drücken, Heben und Ziehen ergänzt. Den Rücken zu dehnen ist nach diesem Ansatz weitgehend tabu. Mobilität soll vielmehr nur in der Hüfte erreicht werden. Wer mit diesem Ansatz Schmerzfreiheit erreicht, kann nach Wegen suchen, seine alten sportlichen Aktivitäten wieder aufzunehmen.

Ich probierte die McGill-Übungen in der medizinischen Trainingstherapie (MTT) aus und holte mir das OK meiner Therapeuten ein. Sie hatten keine Einwände gegen die Übungen. Warum tat ich das und machte nicht weiter mit dem Training an den Geräten? Ganz einfach: Zuhause habe ich diese Geräte nicht und ich bin kein Typ, der ins Fitnessstudio fährt. Ich habe schon immer zuhause trainiert. Ich wollte von Anfang an ein Training, das ich zu jeder Tageszeit in meinen Alltag integrieren kann. Und das möglichst einfach und ohne Schnickschnack. Wer schon einmal ernsthaft trainiert hat, weiß,  wie schwer es ist, ein Training konsequent durchzuziehen. Je komplizierter es ist, desto größer ist die Gefahr, dass man nachlässig wird oder ganz aufhört. Drei Übungen, diese aber jeden Tag. Dieser Ansatz gefiel mir und er gefällt mir bis heute.

Mit weniger Schmerzen und meinem neuen Training kam die Motivation. Ich kann sehr ambitioniert sein. In Themen, die mich begeistern, kann ich mich regelrecht verbeißen. Ich kann jetzt nicht behaupten, dass ich begeistert von Rückenschmerzen bin, aber ich hatte sie nun einmal und konnte nichts daran ändern. Damit musste ich umgehen.

Die restliche Zeit im Krankenhaus verging recht schnell. Ich setzte die Schmerzmittel nach und nach ab, um einen Eindruck zu bekommen, wie es um mich steht. Ich konnte es gerade so aushalten. Von da an hieß es: Therapie, Training, Lesen. Und wieder von vorne. Und natürlich peinlich genau auf die Haltung achten und beobachten, welche Bewegungen Schmerzen auslösen bzw. verschlimmern und alternative Bewegungsmuster einüben für z.B. Heben, Tragen, Bücken usw.

Eines Morgens kamen auf einmal ohne Vorankündigung alle Ärzte der Station zur Visite in mein Zimmer. Es hatte sich scheinbar bei den Ärzten herumgesprochen, dass ein Patient mit einem Mords-Sequester auf der Station ist, die OP jedoch ablehnt und wider erwarten trotz des Befunds noch laufen kann und sogar wie ein wilder jede freie Minute im Trainingsraum verbringt. Ich war gerade mit dem Frühstück fertig, als mein Zimmer auf einmal voll mit Menschen in Weiß war. Jeder hatte Fragen und wollte irgendwelche Tests mit mir machen. Scheinbar glaubten sie wirklich nicht daran, dass ich ohne Operation auskommen könne.

Als das Theater vorbei war, entschuldigte sich mein behandelnder Arzt bei mir und bestätigte meine Vermutung. Obwohl ich in einer Klinik für konservative Schmerztherapie war, war er der einzige Arzt, der bereit war, es in meinem Fall ohne Operation zu versuchen. Ich hatte wirklich Glück gehabt, dass ich mir ihn ausgesucht hatte. Sonst wäre ich heute ganz sicher operiert.

Als ich das Krankenhaus nach drei Wochen Aufenthalt verließ, waren die Schmerzen in der Beinrückseite verschwunden, das Gesäß und die Beinaußenseite taten aber immer noch ziemlich weh. Das Sitzen bereitete mir nach wie vor große Probleme. In der Physiotherapie hatte ich gemeinsam mit meinem Therapeuten herausgefunden, dass zusätzlich zu den gereizten Nerven mein Piriformis-Muskel ins Notprogramm geschaltet hatte und durch meine Schonhaltungen extrem verspannt war.

 Ich hatte im Krankenhaus aber einige entscheidende Dinge gelernt:

  1. Mein Schmerz wurde durch gereizte Nervenwurzeln infolge des Bandscheibenvorfalls ausgelöst.
  2. Im Bereich L5/S1 tritt der Ischiasnerv aus der Wirbelsäule und verästelt sich im Bein. Dabei durchquert er Muskeln, z.B. den Piriformis-Muskel.
  3. Schonhaltungen infolge des Schmerzes führen zu muskulären Verspannungen, die weitere Schmerzen auslösen können.
  4. Die Heilung eines sequestierten Bandscheibenvorfalls dauert sehr lange und braucht einiges an Geduld, ist aber möglich. Ich stellte mich auf mindestens ein Jahr ein.
  5. Ich möchte nie wieder an solche Schmerzen haben!

Weiter sollte es in einer Reha gehen. Wegen der Situation mit der Corona-Pandemie habe ich mich entschieden, diese ambulant zu machen. In Krankenhäusern und Rehakliniken war zu dieser Zeit Besuchsverbot und ich hatte meine Frau und meine Kinder in den vergangenen drei Wochen nur sehr wenig gesehen.

Erfahrungen in der Reha

Nachdem ich nach meinem Klinikaufenthalt einige Tagen zuhause verbracht hatte, ging es für mich in die ambulante Reha. Wieder tappte ich in die Vorurteils-Falle und war der Meinung, dass nur alte Menschen eine Reha machen und dass ich dort bestimmt total deplatziert sein würde. Wieder einmal sollte ich irren. In der Reha waren natürlich viele alte Menschen, jedoch erstaunlich viele junge Männer in meinem Alter oder jünger.

Rehabetrieb ist wirklich gewöhnungsbedürftig. Alle möglichen orthopädisch gepeinigten Menschen gehen, humpeln und rollen mit ihren Rehataschen von Therapie zu Therapie, von Vortrag zu Vortrag. Irgendwie eine komische, fast schon absurde Atmosphäre. Mir gefiel das überhaupt nicht.

Ich hatte aber Glück mit meinen Therapeuten und bekam zwei top Physiotherapeutinnen, die sich super ergänzten. Während die eine meinen noch immer gepeinigten Nerv behandelte,  konzentrierte sich die andere auf meine Muskulatur, insbesondere auf meinen Piriformis.

Es zeichnete sich so langsam ab, dass der Nerv auf die Therapie reagierte. ENDLICH!! Der Nervenschmerz ließ in den drei Wochen Reha deutlich nach. Die Behandlung meiner extrem verhärteten Gesäß-Muskulatur (Gluteus medius, Piriformis) erfolgte mithilfe der Triggerpunktbehandlung: ein Therapieansatz, den ich bis dahin noch nicht kannte. Klar hatte ich schon Faszienrollen ausprobiert, allerdings beinhaltet diese Therapie noch viel mehr als die reine Faszienmassage. Mehr dazu kannst du im Abschnitt “Was mir geholfen hat” lesen.

In den nächsten Wochen stand der linke Piriformis-Muskel im Fokus meiner Therapie. Dieser kleine , birnenförmige Muskel sitzt tief im Gesäß und verbindet das Kreuzbein mit der Hüfte. Häufig steckt er hinter sog. ISG-Blockaden. Eine weitere Besonderheit dieses Muskels ist, dass der Ischias-Nerv durch ihn hindurchläuft und durch ihn gereizt werden kann, wenn er verhärtet ist. Das kann extrem schmerzhaft sein und war bei mir der Fall.

Ich hatte Glück, dass die Therapeuten im Reha-Zentrum und auch mein Osteopath in dieser Behandlungstechnik viel Wissen hatten. Die Fortschritte,  die ich so machen konnte, waren wirklich groß. Die Behandlungen waren aber manchmal die Hölle. Doch das nahm ich gerne in Kauf, denn immer ging es mir danach besser als vorher.

Wie es meine Angewohnheit ist, las ich auch zu diesem Thema. Ich empfehle in diesem Zusammenhang das Buch “Triggerpunktbehandlung” von Neil Asher. Zugegeben keine leichte Kost, aber eine umfassende Abhandlung zu dem Thema.

Die Reha dauerte insgesamt vier Wochen und beinhaltete neben der Physiotherapie auch Wärmebehandlungen in Form von Fangopackungen, Elektrotherapie und Schwimmen. Diese Behandlung waren ein nettes Gimmick, große Therapieerfolge erzielte ich damit aber nicht. Auch die Gruppenvorträge brachten mir nicht viel. Ich schwänzte viele davon und nutzte die Zeit lieber zum Trainieren in der medizinischen Trainingstherapie, zum Spazierengehen und zum Lesen in meinem VW-Bus. Diesen parkte ich vor dem Reha-Zentrum und verbrachte jede freie Minute dort.

Irgendwann bekam ich Ärger mit dem Leiter des Reha-Zentrums. Ich solle die Vorträge besuchen, sonst müsse man der Krankenkasse Bescheid geben. Teilweise wurde ich aus dem Trainingsraum herausbeordert und sollte mich dann eine Stunde oder länger auf einen Stuhl im Vortragsraum setzen. Ich fand das völlig abstrus, weil ich immernoch große Schmerzen beim Sitzen hatte. Um mir weiteren Ärger zu ersparen, besuchte ich also wie jeder Rückenpatient die unfassbar schlecht aufbereitete und vorgetragene Rückenschule und sporadisch auch den ein oder anderen Vortrag. Ich ging sogar manchmal zur Progressiven Muskelentspannung. Als ich merkte, dass nicht mehr darauf geachtet wurde, fing ich wieder an zu schwänzen. Ich möchte das nicht empfehlen, mir waren die Vorträge aber wirklich zu blöd.

Die Reha brachte mich einige Schritte weiter voran. Meine Schmerzen wurden nochmals weniger, meine Beweglichkeit in bescheidenem Umfang besser. Schmerzfrei war ich aber lange noch nicht. Ich fasste dennoch den Entschluss, möglichst bald wieder arbeiten zu gehen. Ich gehe gerne arbeiten. Ich liebe meinen Beruf als Lehrer. Insgesamt war ich nun schon 8 Wochen krankgeschrieben und ich fühlte mich nutzlos. Es war an der Zeit, dachte ich. Bei dem Gedanken daran, mit den doch teilweise noch recht starken Schmerzen wieder vor eine Klasse zu treten, wurde mir aber ein wenig bange. Außerdem muss ich bis zu meiner Schule eine 45-minütige Autofahrt hinter mich bringen und das Sitzen war immer noch mein Endgegner.

Ich brauchte also einen Plan, wie ich auch nach der Reha gezielt an meiner weiteren Genesung arbeiten konnte. Nachdem ich meine Schmerzen nun einigermaßen unter Kontrolle hatte und ich meinen Alltag wieder gut gemeistert bekam, wollte ich mir neue langfristige Ziele setzen: Schmerzfreiheit und einen langsamen Wiedereinstieg in meine Lieblingssportarten Radfahren und Laufen.

Mein Plan sah folgendermaßen aus: Ein- bis zweimal pro Woche gezieltes Training in der medizinischen Trainingstherapie mit anschließender Physiotherapie. Einmal im Monat hatte ich einen Termin bei meinem Osteopathen. Parallel startete ich mit Gehtraining. Jeden Tag übte ich die goldenen Drei von McGill, um die tiefliegende Core-Muskulatur aufzubauen und damit die Wirbelsäule zu stabilisieren. An Jogging oder Radfahren war zu dieser Zeit leider aber noch nicht zu denken. Dies wollte ich angehen, sobald es mir möglich schien.

Erfahrungen nach der Reha: Alltag mit Bandscheibenvorfall

Nach der Reha ist man auf sich allein gestellt und muss den weiteren Prozess der Genesung selbst organisieren. Ich glaube, das ist der kritische Punkt für jeden Rückenpatienten. Hier entscheidet sich nämlich, ob man aus seinen Fehlern gelernt hat und von nun an auf seinen Rücken achtet oder eben nicht. Es ist verblüffend, wie gut man Schmerz vergessen kann. Evolutionär gesehen ergibt das wahrscheinlich auch Sinn. Sonst wollte wahrscheinlich keine Frau der Welt ein zweites Kind bekommen. Bei Rückenschmerzen führt das allerdings sehr häufig zu Nachlässigkeit. Man wird nur aktiv, wenn es weh tut. Das darf nicht sein. Man MUSS vorher etwas tun.

Nach der Reha ging es mir schon wesentlich besser. Etwa zehn Wochen waren seit der Eskalation meiner Schmerzen vergangen. Gesund war ich allerdings noch lange nicht. Ich hatte immernoch Schmerzen und meine Beweglichkeit war stark eingeschränkt. Bei jeder Bewegung musste ich gut aufpassen und sie sehr bewusst ausführen, damit ich nichts falsch machte und stechende Schmerzen im Rücken oder Bein auslöste. Alltägliche Bewegungen wie z.B. das Schuhebinden, Socken oder eine Hose anziehen wurden zur Herausforderung.

Für mich stand allerdings fest: Ich möchte nie wieder solche Schmerzen haben und ich bin bereit, etwas für dieses Vorhaben zu tun, denn ich wollte auf keinen Fall noch einmal ins Krankenhaus müssen. Wichtige Impulse bekam ich weiterhin insbesondere von meinem Osteopathen und aus zahlreichen Büchern, die ich las.

Ich verfeinerte meinen Plan zur angestrebten Schmerzfreiheit und normalen Beweglichkeit. Dieser sah bzw. sieht folgendermaßen aus.  Im Wesentlichen möchte ich vier Ziele erreichen, die mich dazu befähigen sollen, meinen Alltag wieder schmerzfrei zu bestreiten und meine geliebten Sportarten Radfahren und Laufen wieder ausüben zu können.

  1. Rückenschonendes Verhalten im Alltag
  2. Aufbau der stabilisierenden Muskulatur für die Lendenwirbelsäule
  3. Wiederherstellen der Mobilität
  4. Wiederherstellen der Koordination

Ziel 1: Rückenschonendes Verhalten im Alltag

Ich hatte nach der Reha immer wieder mir kleineren “Rückfällen” zu kämpfen. Häufig verspannte mein Piriformis wieder oder mein Iliosakralgelenk blockierte und ich bekam neuerdings Schmerzen. Jedes Mal hatte ich Angst, dass es wieder losgeht. Ich brauchte einige Zeit, um herauszufinden, was zu den Problemen führte, bin aber mittlerweile davon überzeugt,  dass es jedes Mal falsche Bewegungen waren.

Einen Aspekt hatte ich bisher nämlich sträflich vernachlässigt, obwohl er mir bewusst war: Rückengerechtes Verhalten. Im Krankenhaus und der Reha hatte ich penibel darauf geachtet, keine falschen Bewegungen zu machen. Zu dieser Zeit war die Rückmeldung aber unmittelbar. Falsche Bewegungen lösten Schmerzen aus. Nach der Reha, als das Schmerzlevel allgemein nicht mehr so hoch war, gestaltete sich das etwas schwieriger. Die Rückmeldung nach einer schlechten Bewegung ließ mitunter einige Stunden bis Tage auf sich warten und ich konnte häufig nicht mehr so wirklich sagen, welche Bewegung problematisch war. Ja ja, ich weiß. Hätte ich nur nicht so viel von der Rückenschule geschwänzt. Dort lernt man zwar, wie man ein Kiste Wasser aus dem Auto hebt, die grundlegenden Zusammenhänge in Bezug auf rückenschonendes Verhalten lernt man dort aber nur selten.

Ich hatte in dem Buch “Rückenreparatur*” schon gelernt, dass man auf schmerzhafte Bewegungen achten muss, diese identifiziert und zunächst konsequent meidet. Und auch zum Thema rückenschonendes Verhalten im Alltag finden sich in diesem Buch einige gute Impulse.

Bei meiner Recherche stieß ich allerdings auch noch auf ein anderes sehr lesenswertes Buch , und zwar “Werde ein geschmeidiger Leopard”* von Kelly Starrett. Eine Rezension zu diesem wirklich sehr empfehlenswerten Buch findet ihr hier. Außerdem beschreibe ich einige Ansätze daraus im Abschnitt “Was mir geholfen hat”.

Der Schlüssel zum rückengerechten Verhalten sind nach Kelly Starrett zum einen eine verankerte Grundposition von Becken und Wirbelsäule. Zum anderen unterteilt er die menschlichen Bewegungen in Bewegungs-Archetypen und gibt detaillierte Anweisungen zu Bewegungsabläufen wie z.B . Bücken, Heben usw. Mir hat das Buch in Bezug auf meine Achtsamkeit auf rückenschonendes Bewegen sehr weitergeholfen. Besonders das Verankern und eine saubere Squat-Technik sind mir seither in Fleisch und Blut übergegangen.

Ziel 2: Aufbau der stabilisierenden Muskulatur der Lendenwirbelsäule

Der Aufbau der stabilisierenden Muskulatur in der Lendenwirbelsäule ist aus meiner Sicht ein Schlüssel bei der Therapie von Bandscheibenvorfällen.

Häufig wird das Muskeltraining allerdings von Grund auf falsch betrieben. Fälschlicherweise wird oft angenommen, man müsse die großen Muskelgruppen des Rückens und Bauchs trainieren, um den Rücken zu stabilisieren. Viele Therapeuten und insbesondere Trainer im Fitnessstudio vertreten diesen Ansatz und sorgen bei ihren Patienten somit häufig für weitere, teils große Probleme.

Viel mehr kommt es aus meiner Erfahrung aber auf die kleinen Muskelgruppen an, die die einzelnen Segmente der Wirbelsäule umgeben und diese vor Millisekunden vor jeder Bewegung stabilisieren. Denn Schmerz entsteht oft durch kleinste, unkontrollierte Bewegungen zwischen zwei Wirbeln.  Ich halte mich bei meinem Training zuhause hierzu weiterhin an die Goldenen Drei von Stuart McGill. Curl-Up, Seitstütz und der Bird-Dog gehören zu meiner täglichen Routine. Das bedeutet nicht, dass ich die großen Muskeln nicht mittlerweile auch wieder trainiere. Diese Übungen mache ich aber täglich, ohne Ausnahme.

Von meinem Osteopathen bekam ich darüber hinaus ein weiteres sehr hilreiches Hilfsmittel an die Hand: den Stabilizer*. Hiermit lassen sich gezielt kleinste Muskelgruppen der Lendenwirbelsäule ansprechen und trainieren.  Hierzu legt man sich mit der Lendenwirbelsäule auf ein Kissen, das sich ähnlich wie bei einem Blutdruckmessgerät aufpumpen lässt und kontrolliert eine minimale Bewegungen der Hüfte mithilfe der Druckveränderung. Zugegeben: Ich hatte zu Beginn meine Zweifel, ob dieses Gerät etwas bringt. Mittlerweile habe ich meine Meinung dazu aber grundlegend geändert und trainiere regelmäßig auf dem Stabilizer*. Wem dieser zu teuer ist, der kann die Übungen auch auf einer Blutdruckmanschette machen. Hat man die Übung verstanden, kann man sie leicht in den Alltag einbauen und beispielsweise gut beim Autofahren machen.

Meine Erfahrungen lehrten mich, dass ein Training einfach sein muss , damit man es durchhält. Wird es zu kompliziert, leidet die Motivation. Zum Aufbau der segmentenalen Muskulatur und des Cores mache ich genau diese vier Übungen: Curl-Up, Bird-Dog, Seitstütz und die Übung mit dem Stabilizer. Mehr nicht.

Ziel 3: Wiederherstellen meiner Mobilität

Wer schon einmal ernsthafte Rückenschmerzen hatte, der weiß, wie stark die Mobilität durch sie in Mitleidenschaft  gezogen werden kann. Schmerzen führen zu Schonhaltungen und diese zu Muskelverspannungen, die wiederum zu neuen Schmerzen führen.

In meinem Fall hatten sich insbesondere die Gesäßmuskeln und die des unteren Rückens extrem verspannt und schränkten mich in meinem Bewegungsumfang sehr stark ein.

Erste Erfolge konnte ich in diesem Bereich mithilfe der Triggerpunktbehandlung erreichen. Mit ihrer Hilfe konnte ich die starken Muskelverspannungen lindern.

Der wichtigste Impuls im Bereich Mobility kam jedoch durch das Buch “Werde ein geschmeidiger Leopard “* von Kelly Starrett . Starrett ist Physiotherapeut und kombiniert Aspekte aus der klassischen Physiotherapie, manuellen Therapie, Triggerpunktbehandlung und Dehnübungen. Ergebnis ist ein ausgefeiltes Mobility-Konzept, aus dem ich mir ca. 10 Übungen für meine Baustellen zusammengestellt habe. Mehr dazu im Bereich “Was mir geholfen hat”.

Ziel 4: Wiederherstellen der Koordination

Bei meinen ersten Versuchen, nach meinem Bandscheibenvorfall wieder Mountainbike zu fahren oder zu laufen, stellte ich fest, dass meine Koordination stark in Mitleidenschaft gezogen war. Gewisse Bewegungen fielen mir schwer und koordinativ anspruchsvolle Aufgaben wie etwa das das Überwinden von Absätzen bergauf auf dem Mountainbike oder zügigeres Bergablaufen wollten mir nicht so recht gelingen.

Ich begab mich also auf die Fehlersuche. Gemeinsam mit meinem Osteopathen kam ich zu dem Schluss, dass ich Probleme damit hatte, die tiefliegende Muskulatur in der Lendenwirbelsäule gezielt anzusteuern. Zu meiner Trainingsaufgabe der Kräftigung dieser Muskulatur kam jetzt noch die Aufgabe hinzu, deren Koordination zu trainieren.

In der medizinischen Trainingstherapie lernte ich den Bioswing von Posturomed kennen. Auf diesem Gerät lässt sich die Koordination der segmentalen Muskulatur der Wirbelsäule wunderbar trainieren. Dazu führt man z.B. bestimmte Übungen auf einer frei schwingenden Platte aus. Die dosierte Provokation der segmentalen Muskulatur dient der Stabilisation der Wirbelsäule. Mehr zu diesem Trainingsgerät findet ihr im Bereich “Was mir geholfen hat”.

Für das Heimtraining legte ich mir ein Balance Board zu, denn der Posturomed eignet sich nicht für das Training zuhause. Eigentlich benutze ich das Kinderspielzeug meiner Kinder dafür. Sie besitzen nämlich einige Balance Boards* von Stapelstein. Diese eignen sich hervorragend für das Koordinationstraining. Seither absolviere ich regelmäßige Trainingseinheiten auf meinem Wackelbrett und erziele große Fortschritte in Bezug auf meine Koordination.

Mein Fazit zu meinen Erfahrungen ein Jahr nach meinem Bandscheibenvorfall L5/S1

Es ist wirklich wahnsinn, wie schnell die Zeit vergeht. Gerade hat mich Google-Fotos daran erinnert, dass es genau ein Jahr her ist, seit ich mit einem Bandscheibenvorfall im Krankenhaus war. In der Vor-einem-Jahr-Anzeige wurde mir ein Bild vorgeschlagen, dass ich an einem regnerischen Sonntagabend auf der Terrasse vor dem Trainingsraum im Krankenhaus aufgenommen habe. Als einziger verbrachte ich meinen Abend dort beim Training. Zu dieser Zeit ging es mir schlecht. Ich hatte große Schmerzen und ich dachte, dass diese nie wieder weg gehen würden. Ich war verzweifelt.

Gerade in diesem Moment sitze ich in meinem Arbeitszimmer. Ich habe gerade wie jeden Tag die Goldenen Drei geübt. Ihr wisst schon: Seitstütz, Curl-Up, Bird-Dog, außerdem ein paar Liegestütze und Klimmzüge, danach ein kleines Mobility-Workout. Das tue ich immer mit Metal im Hintergrund. Ich liebe das ganz harte Zeug. Das Foto hat mich dennoch kalt erwischt. Bei Machine Head im Hintergrund brach ich sofort in Tränen aus. Ich hatte es bereits erwähnt: Ich bin nicht nah am Wasser gebaut. Dass mich dieses Foto so mitnimmt, ist Anlass genug, ein kleines Fazit nach einem Jahr zu ziehen:

bandscheibenvorfall erfahrungen

Ein Jahr nach meinem Bandscheibenvorfall, einem Krankenhausaufenthalt, einer Reha, unzähligen Stunden bei meinem Osteopathen, verschiedenen Physiotherapeuten, in der medizinischen Trainingstherapie und zuhause auf der Matte kann ich endlich sagen, dass ich schmerzfrei bin. Und dass ich es bisher ohne OP geschafft habe. Ich hoffe, dass das so bleibt und tue alles dafür, was in meiner Macht steht: Ich mache jeden Tag meine Übungen, achte auf rückengerechtes Verhalten im Alltag, ernähre mich gesund und reduziere Stress soweit das im Alltag mit Job, Familie und Haus geht. Ich kann sogar meine geliebten Sportarten Mountainbike und Laufen wieder betreiben. Nicht mehr so ambitioniert wie vorher, aber dennoch so, dass man es Sport nennen kann. Ich nehme an keinen Wettbewerben mehr teil und das ganz harte Zeug lasse ich einfach weg. Ich bin froh mit dem, was ich aktuell kann.

Dennoch vergeht kein Tag, an dem mich mein Körper nicht daran erinnert, dass ich eine Schwachstelle in mir trage und die Angst vor dem Rückfall ist stets präsent. Ein kleines Zwicken nach einer falschen Bewegung oder einer ungewollt zu harte Lauf- oder Radeinheit erinnert mich sofort an meine Zeit im Krankenhaus. Doch damit muss man glaube ich leben. Nach einem Bandscheibenvorfall wird der Rücken nie mehr so sein wie vorher. Doch darin liegt auch eine große Chance. Der Bandscheibenvorfall und die Erfahrungen während meiner Therapie haben mich viel über meinen Körper gelehrt. Ich bin viel aufmerksamer für die Signale, die er mir sendet und reagiere sofort darauf.

Nach wie vor bemerke ich insbesondere nach zu starken Belastungen, dass mein Rücken nicht zu 100 Prozent belastbar ist. Selten handelt es sich um echte Schmerzen. Oft ist es ein komisches Gefühl im unteren Rücken oder ein diffuses Stechen oder Ziehen im linken Bein. Ab und an habe ich noch mit Blockaden im Iliosakralgelenk zu kämpfen, aber auch diese bekomme ich in der Regel mittlerweile alleine in den Griff.

Tätigkeiten oder Situationen, bei denen sich meine Bandscheibe regelmäßig meldet, sind v.a.:

  • Bücken: Manchmal muss ich über mich selbst lachen. Ich komme zwar schmerzfrei auf den Boden, um z.B. etwas aufzuheben. Ich achte dabei aber penibel auf eine korrekte Ausführung der Bewegung. Wenn ich etwas aufhebe, squatte ich.
  • Überlastung: Wenn ich mich überanstrengt habe, gibt mir mein Rücken sofort Rückmeldung. Das Ausloten der eigenen Grenzen braucht etwas Zeit, sollte aber nach einiger Zeit gelingen. Wichtig ist, nicht über die Belastungsgrenze zu gehen. In der Regel wird das mit Schmerzen quittiert. Für mich bedeutet das: Nicht mehr mein muskuläres oder konditionelles Leistungsvermögen ist der limitierende Faktor, sondern immer der Rücken.
  • Sitzen: langes Sitzen führt bei mir immer zu Problemen. Ich versuche das Sitzen auf ein Minimum zu reduzieren. Sitzen ist einfach nicht gut für meinen Rücken. Es führt nicht unmittelbar zu Schmerzen, hinterlässt aber meist ein ungutes Gefühl.
  • Heben: Schlüssel zum Heben von schwereren Lasten ist für mich eine saubere Squat-Technik. So kann ich auch mal Lasten von 30 kg oder etwas mehr anheben. Das ist für mich wichtig, wenn ich meinen jüngsten Sohn auf den Arm nehmen oder von A nach B tragen möchte. Das Schleppen von Waschmaschinen oder so meide ich aber konsequent.

Essentiell wichtig ist für mich Bewegung. Insbesondere das zügige Gehen tut mir gut. Ich gehe also gerne wandern und auch am Spazierengehen habe ich Gefallen gefunden. Meine Lieblingssportarten Radfahren und Laufen helfen mir auch dabei, meine Beschwerden zu kontrollieren. Dabei muss ich aber immer auf das richtige Maß achten. Wenn ich es übertreibe, bekomme ich Probleme.

Rückblickend bin ich glücklich mit meiner Entscheidung, es ohne Bandscheiben-Operation versucht zu haben. Das letzte Jahr gehört sicherlich zu den intensivsten Jahren in meinem bisherigen Leben. Der Prozess von den ersten Schmerzen über Krankenhausaufenthalt und Reha waren körperlich und mental eine wirkliche Herausforderung. Oft war ich kurz davor, mich doch operieren zu lassen.

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20 Comments

  1. Toller Beitrag! Ließt dich super und kompliment fürs durchhalten 🙂

    Ich wünsche dir viel Erfolg beim weiteren Einhalten deiner Ziele.

    Bei mir fing es schleichend vor 4-5 Jahren an und heute hatte ich meinen MRT Termin. Nachdem ich vor 2 Wochen nicht mehr auf dem Sofa sitzen konnte entschied ich mich zum Arzt zu gehen. (Meiner Frau sei dank) Selbst im sitzen schmerzte mir meine Unterschenkelmuskulatur, die über das Schienbein verläuft. Mein großer Zeh war inzwischen auch schon leicht taub.

    Jetzt gehts erstmal weiter mit der bereits stattfindenden Rehamaßnahme und weiteren Diagnosen verschiedener Ärzte/Menschen/Therapeuten!

    Liebe Grüße
    Dominik

    • Lieber Dominik,
      vielen Dank für deinen Kommentar und deinen Einblick in deine Geschichte. Entschuldige bitte die (sehr späte) Antwort. Ich hoffe, du bist in der Zwischenzeit schon ein gutes Stück weiter gekommen bei deinem Weg. Mich würde interessieren, wie es bei dir weiterging. Gerne hier. Gerne aber auch gerne per DM.
      Viele Grüße und alles Gute
      Freddy

  2. Hallo Freddy! Danke für das Teilen Deiner Geschichte und den Tipps! Wie geht es Dir denn mittlerweile? Ist ja schon wieder einiges an Zeit vergangen. Ich kaempfe seit 10 Wochen mit einem Massenvorfall l3/4 . Wie war das bei dir? Ab wann konntest dunwieder etwas längere strecken (mehr als 45 min.) gehen? Bei mir wurde es Stück für Stück immer schlimmer bisnich nur noch 5 Minuten gehen/ Stehen konnte. Seit gut zwei Wochen geht es jetzt zumindest ein bisschen aufwärts. Und ich kann max. Eine halbe Stunde gehen (mit medis) . Mir haben auch 2 Neurochirurgen zur op geraten . Hatte auch schon zwei mal einen Termin aber dann doch abgesagt weil es etwas bergauf ging. Dennoch fühlt sich der fortschritt noch nicht hundert Prozent sicher an. Arbeite auch mit mcgill und physio. Liebe Grüße, flo

    • Hallo Florian,
      danke für deinen Kommentar. Ich freue mich immer über Austausch.
      Ich für meinen Teil habe mich ganz gut erholt und bin schon seit längerem wieder schmerzfrei. Ab und an zwickt es mal, aber bislang nichts Wildes. Dafür bin ich sehr dankbar. Es war ein langer und mühsamer Weg mit viel Schmerz, Entbehrungen und harter Arbeit.
      Gehen ging bei mir tatsächlich relativ früh wieder und das war auch sehr wichtig für mich. Während der Akutphase im Krankenhaus ist mir das Gehen schwer gefallen und ich musste Pausen machen, aber schon während der Reha war ich viel zu Fuß unterwegs. Ich habe immer Vorträge geschwänzt und bin stattdessen spazieren gegangen 🙂 (Das ist natürlich keine Empfehlung).
      Ich kann mich gut in deine Situation hineinversetzen. Die Entscheidung, ob man doch die OP macht, ist wirklich alles andere als einfach, insbesondere, wenn man starke Schmerzen hat und irgendwann einfach nur noch möchte, dass sie aufhören. Leider ist man mit dieser Entscheidung alleine. Was hast du bisher unternommen? Konservative Therapie? Spritzen? Hast du neben den Schmerzen neurologische Ausfälle? Wenn dir meine Fragen zu privat sind, schreib mir gerne eine PN.
      Ich wünsche dir alles Gute für deinen Weg.
      Viele Grüße
      Freddy

      • Hallo Freddy vielen lieben Dank für Deine schnelle Antwort!
        Bisher hab ich viel Physio nach Mckenzie gemacht und im Rahmen der Möglichkeiten zu Hause Core-Übungen wie die McGill Geschichten, die den unteren Rücken nicht negativ belasten.
        Nehme seit 2,5 Monaten Schmerzmedis die es etwas erträglicher machen aber natürlich nicht aufheben. Probiere jeden Tag trotz Einschränkungen sovielzu gehen wie möglich. Vor 2 Tagen hatte ich nochmal einen Termin wegen einer PRT weil ich das nun nochmal als Möglichkeit vor OP gesehen habe. Der Arzt war sehr nett aber er hat sich meine Bilder angeschaut und gemeint das bringt da nix, weil 90 Prozent des Nervenkanals zugeballert. Er wirkte sehr überzeugend und hat mir von seinen Erfahrungen mit Patienten erzählt. Er meinte auch die leichte Verbesserung die sich bei mir über die letzten 2,5 Wochen ergeben haben wäre seiner Meinung nach nur temporär und würde definitiv wieder kommen. Ich habe jetzt daraufhin doch noch zum dritten Mal einen Termin mit für eine OP gemacht. Als ich Dir geschrieben hatte, hat ich das Gespräch noch nicht gehabt aber auch vorher hatten die 2 NC’s mir defnitiv zur OP geraten. Hab auf jeden Fall auch die ganze Zeit den Wunsch gehabt und den Willen es ohne OP zu schaffen aber jetzt habe ich mich glaube ich entgültig für die OP entschieden und werde alles daran setzen das es dann auf diesem Weg endlich besser wird

      • Hallo
        hab das gleiche wie du nur rechts.
        hab auch schon die 2. Spritze hinter mir. Es wird langsam besser. Bin auch regelmäßig in der Physio.
        Hoffe auch dass ich es ohne OP schaffe.
        Müsste bei deiner Geschichte schmunzeln da es mir absolut genauso erging. Bin 50 geworden und fahre auch viel Rad. Es ist jetzt knapp 5 Wochen her wo es dann ganz schlimm wurde.
        Wünsche dir auch weiterhin alles gute.
        Gruß Michi

        • Hallo Michi,
          vielen Dank für deinen Kommentar und das Teilen deiner Erfahrungen. Es tut mir leid zu hören, dass auch du mit einem Bandscheibenvorfall zu kämpfen hast. Umso mehr freut es mich aber zu lesen, dass du Fortschritte machst.
          Ich drücke dir die Daumen, dass du deinen Weg der Besserung weiterhin erfolgreich gehen kannst und dass eine Operation vermieden werden kann. Hoffentlich sitzt du schon bald wieder auf dem Rad.
          Herzliche Grüße,
          Freddy

  3. Hallo Freddy!
    Danke, dass du deine Erfahrung geteilt hast. Das macht Mut! Ich habe seit einem 1/2 Jahr einen schweren Bandscheibenvorfall LWS 5/ S1
    Ich mache eigentlich viel Sport. Fitness und vor allem Yoga. Um so verwunderter war ich, dass es mich so schwer getroffen hat. Ich behandel vieles alternativ, habe mittlerweile 3 PRT Spritzen erhalten, mache nur noch gezieltes Krafttraining und Physiotherapie. Zwischendurch ging es mit der Psyche nicht gut, weil es unerträgliche Nervenschmerzen waren und trotz des angemessenen Lebensstil nicht besser wurde. Jetzt ist es viel besser. Ich brauche keine Schmerzmittel mehr, aber es ist immer noch nicht richtig gut. Langes Sitzen auf einer Bierbank geht immer noch nicht und Yoga darf ich nach wie vor nicht machen. Die Hoffnung zu behalten ist das schwierigste!
    Viele Grüße Fabienne

    • Liebe Fabienne,

      vielen Dank für das Teilen deiner Erfahrungen und deinen offenen Kommentar. Es freut mich zu hören, dass es dir mittlerweile besser geht und du keine Schmerzmittel mehr benötigst. Dein Weg, mit einem Bandscheibenvorfall umzugehen, ist hoffentlich hilfreich für andere Betroffene. Es ist verständlich, dass es manchmal schwer ist, die Hoffnung zu bewahren. Auch ich habe dahingehend meine Erfahrungen machen müssen. Bewahre dir deine positive Einstellung.

      Ich wünsche dir weiterhin viel Kraft und Durchhaltevermögen auf deinem Weg der Genesung.

      Alles Gute und liebe Grüße,
      Freddy

  4. Hey Freddy,

    nach 14 Wochen mit schmerzen und etlichen Terminen bei Ärzten / Röntgen / MRT Und langen Wartezeiten – Schmerzmittel etc bin ich auf deine Seite gestoßen und fühle mich endlich verstanden. Alles was meine Ärzte mir verabreicht haben und verschrieben, und geraten hat so garnicht geholfen. Im Hinterkopf immer dieser Satz – bei Ausfallerscheinungen Not OP.

    Zurzeit 13 Tage Schmerzmittel / Cortison und Abends Relax Mittel, wobei ich die das Zeug eigentlich nicht nehmen möchte.

    Ich habe mir drei Tage Auszeit von der Arbeit genommen um mich intensive mit meinem Problem auseinander zu setzen.

    Balance Board hatte ich mir schon bestellt – schwimmen ist heute eingeplant und weiter werde ich deine tips einbeziehen.

    Wünsche dir und den anderen hier gute Besserung und hoffe das ich auch durchhalte und es ohne OP schaffe.

    Viele lieben Dank

    • Hallo Kerstin,
      vielen Dank für deinen offenen Kommentar und das Teilen deiner Erfahrungen.
      Es freut mich zu lesen, dass dir meine Erfahrungen weiterhelfen. Ich kann mich sehr gut daran erinnern, wie es ist, sich nicht verstanden zu fühlen.
      Ich wünsche dir alles Gute bei deiner Genesung und hoffe, dass du einen für dich passenden Weg findest.
      Herzliche Grüße
      Freddy

  5. Prosinecki

    Hallo Freddy.

    Bei mir (M/31) geht das vermutlich auch gerade los aber ich habe nicht wie du so krasse schmerzen sondern kann meinen Alltag relativ “Schmerzfrei” bewältigen. ab und zu ein leichtes Zwacken, aber viel eher beherrscht meine Angst auf das was kommt mein Leben. ich warte aktuell auf meinen Termin wo ich hoffentlich nicht damit konfrontiert werde eine Schockdiagnose zu bekommen.

    Dein Artikel ist echt schön geschrieben und gibt mir ein wenig Mut… auch wenn ich dazu sagen muss das ich schnell zu Katastrophengedanken neige.

    Danke für die vielen Tipps.

    • Hallo,

      vielen Dank für deinen Kommentar. Es tut mir leid zu hören, dass du möglicherweise vor der Herausforderung eines Bandscheibenvorfalls stehst. Es ist nur zu gut verständlich, dass die Unsicherheit und die Wartezeit auf einen Termin belastend sein können. Mir hat es in der Zeit vor und nach der Diagnose meines BSV sehr geholfen mich zu informieren. Ich habe sehr viel zu dem Thema gelesen.
      Die Angst vor dem Unbekannten ist jedoch eine mächtige Begleiterin, und es ist völlig normal, sich Gedanken zu machen, besonders wenn es um die eigene Gesundheit geht. Auch ich war phasenweise verzweifelt.
      Ich freue mich, dass mein Artikel dir ein wenig Mut geben konnte. Vielleicht hilft es dir, dich auf den Termin vorzubereiten, indem du Fragen sammelst und mit dem Arzt und deinen Therapeuten über deine Ängste sprichst.

      Wenn du weitere Fragen hast oder einfach jemanden zum Austausch brauchst, melde dich gerne bei mir. Bleib konstruktiv!

      Alles Gute für deinen Termin und für deinen Weg der Genesung!

      Viele Grüße
      Freddy

  6. Hallo Freddy,

    vielen Dank für deinen Bericht und deinen Austausch.
    Ich wurde aufgrund einer Fussheber Schwäche 2015 L5S1 operiert.
    Jetzt habe ich leider wieder einen Vorfall L5S1 mit Sequester. Der eine Arzt will schnell operieren, der andere noch konservativ testen.
    Ich habe eine Bestehende Taubheit wie eingeschlafen im R Fuss an der Außenkante ohne Lähmung.
    Diese Art der Symptome beschreibst du auch ganz am Anfang.
    Hattest du auch diese Symptome über Wochen und Monate oder waren vermehrt Schmerzen bis in die Füße aber keine Taubheit.
    Bei mir besteht diese nun 7 Wochen.

    Weiterhin alles Gute.
    LG Stefan

    • Lieber Stefan,

      vielen Dank für deinen Kommentar und deine Offenheit. Es tut mir leid zu lesen, dass du erneut mit einem Bandscheibenvorfall zu kämpfen hast. Deine Entscheidung zwischen einer OP und der konservativen Behandlung ist sicher nicht leicht, wie ich mir sehr gut vorstellen kann.

      In Bezug auf deine Frage zu meinen Symptomen kann ich Folgendes sagen: Die Problematik mit der Taubheit und Fußheberschwäche beschränkte sich bei mir tatsächlich auf die Akutphase, in der ich auch starke Schmerzen hatte, also die Zeit vor und während des Krankenhausaufenthaltes (ca. 6- 8 Wochen). Noch während der Reha gingen die Schmerzen zurück. Ich hatte danach allerdings noch längere Zeit mit Missempfindungen wie z.B. starkes Kribbeln unter Belastung zu kämpfen.
      Ich hoffe meine Schilderungen helfen dir etwas, mit deinem Vorfall umzugehen.

      Ich wünsche dir viel Kraft und Durchhaltevermögen auf deinem Weg der Genesung. Wenn du weitere Fragen hast oder einfach nur jemanden zum Austausch brauchst, melde dich gerne bei mir.
      Alles Gute für dich!
      LG Freddy

  7. Hallo Freddy,

    Herzlichen Dank für deinen ausführlichen Blog.
    Beim ersten Mal Lesen sind mir fast die Tränen gekommen. Das ist jetzt 4 Monate her…
    Ich dachte nur, ja, genauso ist es bei mir auch und da kannte ich meine Diagnose noch nicht, habe immer noch gehofft, dass es nur der Ischias ist. Doch ein paar Tage später war dann die Taubheit im Fuß da. Die Schmerzen wurden unerträglich und ich war kurz davor mich in die Notaufnahme fahren zu lassen. Aber ich wollte ja keine OP. Also ließ ich mir stärkere Schmerzmittel verschreiben. 6 Wochen nahm ich das Opioid Tilidin und zusätzlich Ibu und Novalgin. Zwischenzeitlich war auch der Befund vom MRT da, BSV L5/S1 rechts mit Radikulopathie S1. 3 Monate habe ich gekämpft, jeden Tag die goldenen 3 gemacht, denn obwohl ich kaum laufen, stehen oder sitzen konnte, die Übungen konnte ich meistern. Über Weihnachten folgte der Tillidin Entzug – nicht lustig… Dann versuchte ich es mit spazieren gehen, Fehlanzeige. Der Schmerz schoss sofort ins Bein, also tastete ich mich langsam ran, erst nur in unserer Einfahrt, wie Freigang im Gefängnis, furchtbar. Am 9.1. hatte ich dann die erste PRT Spritze und danach konnte ich schon 20 Minuten spazieren gehen, nach der 2. Spritze am 6.2. wurde es dann nochmal erheblich besser. Ich kann endlich wieder mit unserem Hund spazieren gehen und fange auch, wenn auch noch mit Stützgurt, mit meinem heiß geliebten Zumba an. Ich mache auch jeden Tag morgens und abends Kräftigungsübungen für Bauch- und Rückenmuskulatur und zur Entspannung nutze ich meine Akupressurmatte. Ende März habe ich meine 3. PRT und ab 14.5. fahre ich zur Reha. Es ist schon Wahnsinn, wie man so aus dem Leben gerissen werden kann und wie hart der Kampf zurück in die Normalität ist.
    Ich bin 40, war auch immer sportlich aktiv, allerdings habe ich bei aller Bewegung die Kräftigung vergessen. Das wird mir zukünftig nicht mehr passieren…
    Ich danke dir für diesen Blog, den ich nach L&B zum Glück schnell gefunden hatte und der mir Mut gemacht hat, den schmerzhaften, ungewissen Weg durch die Hölle zu gehen, denn ganz am Ende ist das Licht der Hoffnung dadurch zu sehen gewesen.
    Es wird noch ein langer Weg, aber den schwersten Teil habe ich hinter mir.
    Ich lebe wieder, ich kann wieder genießen und mit Achtsamkeit, Wille und Zuversicht schaffe ich auch den Rest.

    Viele Grüße, Diana

  8. Hallo lieber Freddy,

    vielen Dank für Deinen tollen Bericht.
    Ich muss gestehen, dass ich (w/44, Läuferin und sportlich schon immer sehr aktiv) Deinen Beitrag direkt nach meinen Befund (BSV rechts LW5/S1 sequentiert) gelesen habe und mir alles was ich gelesen habe Angst gemacht habe.

    Heute ca. 7 Wochen später, weiß ich, dass du auf keinen Fall übertrieben hast.
    Mir ging es teilweise genauso wie Dir.
    Mein rechtes Bein hat mich vor Schmerzen fast „ umgebracht“. Unerträglich war das teilweise. Nächte die ich nie mehr haben möchte. So viel geheult vor Schmerzen habe ich noch niemals. Manchmal hatte Angst, ich schaffe das nicht.
    Eine Operation versuche ich, auch wie du, abzuwenden und versuche IMMER alle Übungen und Bewegungen meines Physios zu meistern, in der Hoffnung, das es mir bald besser geht.

    Seit 2 Wochen erhalte ich Cortisonspritzen, die mir auch ganz gut helfen. Was ein Glück 😅. Ich hoffe es geht so weiter.

    Ich habe jedoch auch den gleichen „Gegner“ wie Du.
    Sitzen und Autofahren ist für mich das aller aller Schlimmste!
    Wie hast Du dies letztendlich in den Griff bekommen? Hab Angst, dass das gar nicht besser wird.

    Vielen lieben Dank nochmals für deinen Bericht … den kann ich absolut nachempfinden… leider 🙈 sei froh, dass du jetzt da bist wo du bist !

    Ganz liebe Grüße
    Marlen

  9. Hallo lieber Freddy,

    erst einmal vielen Dank für deinen ausführlichen Erfahrungsbericht. Ich bin 25 Jahre alt und habe seit gut 5 Monaten einen BSV L5/S1 (sequestriert) und bis heute noch ein leichtes Taubheitsgefühl in den rechten beiden äußeren Zehen. Nun war ich beim Orthopäden, der mir sagte, dass ich auf jeden Fall eine OP benötige. Ich kann das ganze gar nicht glauben bzw. will es auch einfach nicht wahr haben. Zum Anfang konnte ich nur gerade liegen, nicht einmal aufrecht sitzen, geschweige denn irgendwelche Sportübungen machen. Ich habe das Gefühl, dass mir die Physiotherapie weiterhilft und bemerke eine deutliche Besserung meiner Symptomatik, vor allem wenn ich die Entwicklung der letzten Monate berücksichtige. Wegen der Taubheit mache ich mir allerdings doch Sorgen und habe Angst, dass es im schlimmsten Fall zu Lähmungen kommen kann, da der Orthopäde meinte, dass das möglich ist.

    Bei dir war die Taubheit dann irgendwann einfach weg, oder? Kannst du dich noch erinnern, wie viel Zeit verging, bis die Taubheit bei dir vollständig weg war? Ich würde mich sehr freuen, wenn du über dein Taubheitsgefühl noch etwas ausführlicher berichten könntest.

    Ich hab auch etwas zum Thema „Spontanresorption“ gelesen. Es gibt wohl Fälle, in denen sich ein Bandscheibenvorfall quasi in Luft auflöst, soweit ich das richtig verstanden habe und das kann bis zu einem Jahr dauern. Ich hab immernoch die Hoffnung, dass auch bei mir solch eine Spontanresorption eintritt. Ich werde mir erstmal noch eine Zweitmeinung von einem anderen Orthopäden einholen und hoffen, dass die Taubheit sich bis dahin in Luft auflöst.

    Ich wünsche Dir alles Gute!
    Liebe Grüße, Vanessa

    • Hallo Vanessa,

      vielen Dank für deinen Kommentar und dein Vertrauen, deine Erfahrungen hier auf meinem Blog zu teilen. Es tut mir leid zu hören, dass du auch mit einem BSV L5/S1 zu kämpfen hast. Umso mehr freue ich mich zu lesen, dass du scheinbar Fortschritte bei der Therapie machst.

      Zu deiner Frage bezüglich der Taubheit: Ja, bei mir ist die Taubheit letztendlich verschwunden. Es ist für mich rückblickend allerdings schwer zu sagen, wie lange es genau gedauert hat. Bei mir hat es einige Monate gedauert, bis ich eine spürbare Verbesserung bemerkte. Ein großer Fortschritt passierte noch im Krankenhaus in direktem Nachgang zu den CT-PRT. Aber auch in der Reha hatte ich noch mit Taubheitsgefühlen zu tun. Hier sollte ich nämlich auch immer Übungen zur Verbesserung beim Fußheben machen und anfänglich war das wirklich schlimm für mich, weil das Kribbeln kaum auszuhalten war und ich wirklich Angst bekam, wenn ich Taubheit oder Missempfinden in meinem linken Fuß spürte.

      Die nächsten größeren Fortschritte kamen dann mit der Therapie des Piriformis, der sich bei mir extrem verhärtet hatte. Es tut mir Leid, aber es fällt mir sehr schwer in der Rückschau konkrete Zeiträume zu nennen. Mir war es immer besonders wichtig, dass ich persönlich eine Verbesserung spüre. Das hat mir die Zuversicht gegeben weiterzumachen. Für mich war das der richtige Weg. Ich muss allerdings dazu sagen, dass mein linker Fuß nie wieder ganz der alte geworden ist. Ich habe zwar keine Taubheit und keine Missempfindungen mehr, die Koordination meines linken Beins ist aber nicht mehr so gut wie zuvor. Es ist nicht viel, aber ich merke es deutlich, besonders beim Wandern, Rad fahren oder Joggen.

      Die Hoffnung auf eine Resorption ist durchaus verständlich und es gibt nicht wenige Fälle, in denen sich ein BSV quasi “in Luft auflöst”, also vom Körper abgebaut wird. Viele Studien gehen davon aus, dass man ohne OP in den meisten Fällen nach einem Jahr ähnlich gut oder besser dasteht wie mit einer OP. Das ist aber eine höchst individuelle Entscheidung, die jeder für sich treffen muss. Für mich war es eine der schwersten Entscheidungen, die ich bislang treffen musste. Eine Zweitmeinung von einem anderen Orthopäden ist aus meiner Sicht definitiv eine gute Idee, um sicherzustellen, dass du alle möglichen Optionen kennst.

      Ich wünsche dir alles Gute auf deinem Weg!
      Liebe Grüße,
      Freddy

  10. Ingrid Maurer Sutter

    Hallo, meine Name ist Ingrid, bin 64 Jahre, hatte vor 35 jahren einen schweren Autounfall.
    Jetzt im Alter merke ich meinen Rücken, da ich teilweise noch gearbeitet . Relativ zu schwer gehoben. Seit gestern habe ich Schluss gemacht. Ich habe genau jede Nacht Schmerzen im Rücken, es strahlt das linke Bein hinunter, weil bei dem schweren Unfall meine Wirbelsäule was abbekommen katte. Ich will auch keine OP und halte mich zur Zeit mit Wärmekissen und Schmerzmittel über dem Berg. Evtl. versuche noch Krankengymnastik zu machen.

    Danke für deine Info.

    Ingrid

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